Wachstumspolitik: Grundzüge

Wachstumspolitik: Grundzüge
Wachstumspolitik: Grundzüge
 
Das Ziel eines angemessenen und stetigen Wirtschaftswachstums (kurz Wachstum) ist für Deutschland im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz fixiert. Im EG-Vertrag ist als Aufgabe der Europäschen Union festgeschrieben, ein beständiges und nichtinflationäres Wachstum zu fördern. Ziel der modernen Wachstumspolitik ist dabei nicht die Maximierung der Wachstumsraten um jeden Preis. Stattdessen soll das Wachstum nachhaltig sein, d. h., es soll nicht durch Raubbau an den begrenzten Ressourcen der Erde und somit auf Kosten nachfolgender Generationen erzielt werden.
 
 Ansatzpunkt Allokationseffizienz
 
Das potenzielle Wachstum einer Volkswirtschaft wird durch die Verfügbarkeit der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital, technisches Wissen, Umwelt und Boden beschränkt. Alleine das Vorhandensein dieser Produktionsfaktoren reicht jedoch nicht aus, Wachstum zu gewährleisten, wie dies die Erfahrungen in den Planwirtschaften belegen. Zwar war dort ein hoher Bestand an Produktionsfaktoren gegeben, diese wurden jedoch nicht effizient eingesetzt. Daher gilt als vorrangiger Ansatzpunkt der Wachstumspolitik zunächst die Schaffung einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung. Nur wenn es über die marktwirtschaftliche Steuerung zu einer effizienten Ressourcenallokation kommt, kann sich Wachstum dauerhaft entfalten. Damit zählt auch die Wettbewerbspolitik, die zur Verhinderung monopolistischer Strukturen dient, oder auch die Deregulierungspolitik, mit deren Hilfe unnötige staatliche Behinderungen des Wettbewerbs beseitigt werden, im weitesten Sinne zur Wachstumspolitik. Auch die Geldpolitik kann auf dieser allgemeinen Ebene einen wachstumspolitischen Beitrag liefern, indem sie für Preisstabilität und damit für Planungssicherheit in der Wirtschaft sorgt.
 
 Ansatzpunkt Faktorakkumulation
 
Ist die effiziente Allokation der Faktoren gesichert, dann bieten Strategien zur Vermehrung der Produktionsfaktoren (Faktorakkumulation) einen weiteren wachstumspolitischen Ansatzpunkt. Unter den Produktionsfaktoren ist die Verfügbarkeit von Umwelt und Boden kaum steigerbar. Auch die Verfügbarkeit des Faktors Arbeit ist in den Industrieländern mit stagnierenden Bevölkerungen begrenzt. Spielraum bieten hier der Abbau der Arbeitslosigkeit, eine höhere Erwerbsquote, eine Steigerung der Arbeitszeit oder die vorübergehende oder dauerhafte Beschäftigung von Ausländern. Vor allem setzt die Wachstumspolitik heute aber auf eine Vermehrung der Faktoren technisches Wissen und Kapital. Es ist Aufgabe der Forschungs- und Technologiepolitik, das technische Wissen durch Innovationen zu mehren und für die Verbreitung des Wissens in der Volkswirtschaft zu sorgen. Auch die Bildungspolitik ist gefordert, weil ausreichende Qualifikationen der Arbeitnehmer (Humankapital) notwendig für das Entstehen und die Anwendung innovativer Lösungen sind. Zur Beschleunigung der Kapitalakkumulation ist das Investitionsverhalten zu beeinflussen. Im Rahmen der Haushaltspolitik treffen die Parlamente direkt die Entscheidungen über den öffentlichen Teil der Investitionen. Öffentlich finanzierte Infrastrukturinvestitionen wie z. B.der Bau von Straßen oder von Deichen sind ein wichtiger Beitrag zur Mehrung des gesamtwirtschaftlichen Kapitalstocks. Weniger direkt verläuft in einem marktwirtschaftlichen System die politische Beeinflussung der unternehmerischen Investitionsentscheidung. Gerade hier besteht das vordringlichste Problem. Die geringe private Investitionsdynamik der Unternehmen ist maßgeblich für die deutschen Wachstumsprobleme verantwortlich.
 
 Unternehmerische Investitionsentscheidung
 
Der wichtigste Faktor der unternehmerischen Investitionstätigkeit ist die erwartete Rentabilität der Investition. Diese wiederum ergibt sich aus dem Verhältnis der Ertragserwartungen zu den Kosten des eingesetzten Kapitals. Die Kosten werden bestimmt durch die Abschreibung (der Wertverlust eines Kapitalguts im Zeitverlauf) und den Zins, zu dem das für die Investition notwendige Kapital beschafft werden kann. Um die Investitionstätigkeit der Unternehmen zu beleben, bietet sich für die Wirtschaftspolitik eine indirekte Strategie an: Durch geeignete Maßnahmen ist die Rentabilitätserwartung der Unternehmen zu erhöhen, um auf diese Weise die Investitionstätigkeit zu beleben. Ein wichtiges Instrument ist in diesem Zusammenhang die Gestaltung von Steuern- und Abgaben (Steuerpolitik). Werden diese für Unternehmen gesenkt, dann erhöht dies die (Netto-)Ertragserwartungen für neue Investitionen und mindert somit die Investitionstätigkeit. Vor dem Hintergrund des internationalen Standortwettbewerbs gilt der Einfluss der Besteuerung als besonders groß. In diesem Wettbewerb suchen sich Unternehmen zur Produktion den Standort mit den höchsten Ertragserwartungen. Weitere Möglichkeiten das Investitionsverhalten der Unternehmen und damit die Kapitalakkumulation positiv zu beeinflussen sind der Abbau von bürokratischen Hürden und eine Verbesserung des Kapitalangebots für innovative Unternehmen und Existenzgründer.

Universal-Lexikon. 2012.

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